Meine letzten Typen zur Typo 2009

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Sonnenliegen

Der letzte Tag der Typo hat wohl die Erwartungen von allen übertroffen. Es gab kaum langweilige oder schlechte Vorträge. Anita Kern hat eine schöne schöne Keynote über„Austrian Space“ gehalten und damit österreichisches Grafikdesign von der Nachkriegszeit bis heute beleuchtet. Besonders interessant war der Dokumentationsfilm, den sie gemacht hat, in dem verschiedene (auch Urgesteine) des österreichischen Grafikdesigns interviewt wurden. Im Anschluss bot Sascha Lobe vom Büro L2M3 Einblick in viele unglaublich großartige Projekte. Sein Büro ist vorwiegend mit dem gestalten von Leitsystemen beschäftigt und hat gezeigt wie vielseitig sich ein durchdachtes Konzept auch im Raum umsetzen lassen kann.

Gemma O’Brien

Dann kam der Vortrag von Mrs. Eaves, die eigentlich Gemma O’Brien heißt. Die 22-Jährige Australierin wurde bekannt durch das Video Write here, right now, in dem sie sich selbst mit Buchstaben bemaltet. Der Fontblog hat über sie berichtet und das Thema wurde oft diskutiert. Ich bin sehr misstrauisch in den Vortrag gegangen. Habe mir gedacht an dem Mädel wär nicht viel dran. Die hat sich halt mit bemalt, ist fesch und jung und das qualifiziert sie anscheinend schon. Selten habe mich mich so brutal geirrt.

Gemma hat uns alle vom Gegenteil überzeugt. Noch ist sie Studentin und hat seit erst zwei Jahren Kontakt mit Schrift, doch in dieser Zeit hat sie unglaublich viel ausprobiert. Ihre lockere, freudvolle Herangehensweise spürt man in jeder ihrer fantastischen Arbeiten. Sie probiert unvoreingenommen aus. Und sie macht es großartig. Gemma war für mich die inspirierendste alle Vortragenden. Auch der Film über die australische Type-Szene, den sie mit einem Team produziert hat, war fantastische. Sie hat viele Designer in Australien interviewt und über Typografie erzählen lassen. Da es in Australien nicht wirklich eine eigene Typo-Szene gibt, war der Film umso interessanter.

Artwork von Mrs. Eaves

Die vorletzte Keynote hielt der Franzose Philippe Apeloig. Er geht auch sehr experimentell mit Typografie um, baut gerne Modulschriften und geht immer sehr systematisch nach einem Raster vor. Das großartige an seinem Vortrag war, dass er nicht nur die fertigen Plakate oder Logos zeigte, sondern den Weg dorthin. Er hat Zwischenschritt gezeigt, bei denen viele wahrscheinlich schon aufgehört hätten. Er war aber nicht zufrieden und hat immer weiter gemacht, bis es für die Sache perfekt war. Ein nicht zuletzte auch wegen der etwas schüchternen Art Apeloigs, wunderschöner Vortrag.

Den Abschluss machte der Amerikaner Sol Sender. Sein Design-Büro wurde durch die Gestaltung des Obama-Logos bekannt. Viele kennen das Video, in dem er über den Prozess spricht. Inhaltlich war der Vortrag auf der Typo das Selbe, nur etwas ausführlicher. Trotz dieser guten Arbeit und einem schönen Vortragsklima, hatte ich zeitweise das Gefühl, dass alles ein bisschen unstrukturiert sei. Einige Slides seiner Präsentation wiederholten sich bis zu dreimal immer wieder, was ein bisschen den Eindruck weckte, als wäre er jetzt nicht so gut vorbereitet. Nichtsdestotrotz, ein solider Vortrag, eine interessante Arbeit, aber nicht mein Highlight für die Typo 2009.

Das letzte Bild

Mittlerweile bin ich nach langer Autofahrt mit Lukas und Tymon seit gestern Abend wieder zurück im guten alten Baden. Was ich von der Typo dieses Jahr mitnehme ist unglaublich viel Inspiration. Die Vorträge waren abwechslungsreich und haben mich zum Nachdenken angeregt. Viele meiner Arbeitsweisen hinterfrage ich gerade wieder aufs Neue und das freut mich. Das wichtigste, was mir die Typo gezeigt hat ist, wieder mehr Spaß aus den Projekten rauszuholen. Nicht alles so ernst machen, weil es „Arbeit“ sein muss. Einfach ein wenig mit den Themen spielen, egal, ob davon dann etwas verwendet werden kann, ich werde meine Freude daran haben. Also Danke, Typo Berlin, für viele tolle Erkenntnisse, auch in diesem Jahr. Wohin sie mich führen werden, werde ich neugierig in den nächsten Monaten erfahren …


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  1. Ich habe deine Zeilen nur überflogen, aber der Satz „Was ich vorher in Filmen für kitschig und banal hielt wurde…

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